Donnerstag, 12. Dezember 2019

Nur ein paar Gedanken

Ich war nie dafür Unkraut totzuspritzen oder prophylaktisch Antibiotika zu geben, Turbokühe mit Eutern so dick, dass sie kaum laufen können und Mastrassen mit einem Wachstumsgen, das nicht gestoppt wird – die ganzen traurigen Auswüchse der modernen Landwirtschaft. Und trotzdem sind mir auf der anderen Seite die Auswüchse des Protestes zu viel, zu laut, zu sehr darauf bedacht anzuklagen, mit dem Finger auf andere zu zeigen, mitbrüllen, weil es gerade in ist, weil man so gerne ein guter Mensch ist bzw. scheinen möchte.

Als Stadtkind aufgewachsen war für mich klar, dass ich kein Tier töten kann und folgerichtig auch kein Fleisch essen darf. Es war mir schon damals unverständlich, wie viele Menschen den Zusammenhang Tier – Schlachten – Fleisch voneinander trennen und das eingeschweißte neutrale Stück Fleisch oder die Wurst gedankenlos essen können und gleichzeitig Tiere töten furchtbar finden.

Auf dem Land und durch den Aufbau einer kleinen Landwirtschaft wurden mir die Zusammenhänge noch deutlicher, vieles von dem, was sonst getrennt voneinander erlebt und erfahren wird, ist hier eine Einheit: Schafe bekommen Lämmer, und einige Lämmer überleben das erste Jahr nicht, Geburt und Tod sind allgegenwärtig, leben, aufwachsen, sterben und auch schlachten sind eng miteinander verbunden.

Du hältst Tiere, übernimmst die Verantwortung für ihr Leben, ermöglichst ihnen ein artgerechtes Leben und arbeitest dafür, jeden Tag, ohne Wochenende und Urlaub, bei jedem Wetter. Es bleibt ein Kompromiss, denn nicht alle Bedürfnisse lassen sich komplett erfüllen, aber selbst die Natur schafft das nicht.

Meinen Tieren geht es gut, sie haben das ganze Jahr über Weidegang, sie leben in ihrer Herde friedlich zusammen, haben im Winter Schutz im Stall oder Unterstand und Futter und Wasser, und anders als die Wildtiere müssen sie sich keine Gedanken darüber machen, wo das Futter herkommt und ob es reichen wird, ob sie der Kälte, Unwettern oder Schnee trotzen können oder Beute eines Fressfeindes werden.

Durch die tägliche Arbeit für die Tiere und das Eingebundensein in diesen Kreislauf ist es für mich daher nur eine logische Konsequenz, wieder Fleisch zu essen. Ich helfe Lämmern im Bedarfsfall auf die Welt, ich habe einen im Rivalenkampf schwerverletzten Hahn notgeschlachtet, und ich kümmere mich bis zu ihrem Tod um sie. Die Verbundenheit zu ihnen ist stärker und geht weit über die „wie süß, wie süß“- Tierliebe vieler Städter hinaus.

Und dann stehe ich plötzlich auf der „falschen Seite“? Die Kuh ist der Buhmann, weil sie pubst und damit zum Klimakiller mutiert? Kein Fleisch essen erscheint sinnvoller als den SUW stehenzulassen oder auf den Flugurlaub in den Süden zu verzichten? Die Fleischbestellungen brechen ein, so dass ich gezwungen bin, meine Tiere weit unter Wert über den Viehhandel zu verkaufen, und meine Jahreseinnahmen so schrumpfen, dass ich über Alternativen nachdenken muss.

Nächstes Jahr findet die 10. „Wir haben es satt“-Demonstration statt, viele beteiligen sich daran, lautstark und mit gutem Gewissen, denn „die da oben“ müssen endlich was tun, die Agrarlobby, die Politiker, alle sind schuld. Dass aber für einen Landwirt ein Fleischpreis von € 2,50/kg zur Existenzfrage werden kann, wenn er dafür z.B. ein Rind für zwei Jahre füttert, pflegt, versorgt und ihm ein artgerechtes Leben ermöglicht, das macht sich der Plakateschwenker dabei nicht klar, Hauptsache laut, so einfach ist das?

1 Kommentare:

Am/um 15. Januar 2020 um 15:39 , Anonymous Anonym meinte...

Ich lebe seit über vier Jahren vegan, davor einige Jahre lang vegetarisch. Aus tiefster Überzeugung. Zunächst aus reiner Tierliebe und dem festen Vorsatz, die unendlichen Quälereien der Intensivtierhaltung und der Tiertransporte nicht länger zu unterstützen. Inzwischen auch aus Gründen des Umweltschutzes, des Welthungers und der eigenen Gesundheit.

Wenn es einem Menschen egal ist, was mit Umwelt (auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, kommen 51 Prozent der Klimagase aus der Massentierhaltung und 3/4 der weltweiten Agrarflächen werden allein für die Tierhaltung "verbraucht"), Mitmenschen und Tieren (56 Milliarden Tiere jährlich) passiert, ist das eine Sache, die ich schon traurig genug finde. Aber wie kann jemand so blind sein, wie Sie? Wie können Sie ignorieren, dass tatsächlich die Kühe DER KLIMAKILLER schlechthin sind!? Schlechtes Gewissen?

Wir sind nicht Veganer geworden, weil wir nur noch nicht davon überzeugt worden sind, wie lecker Fleisch eigentlich sein kann. Die meisten von uns sind nicht vegan aufgewachsen. Wir haben uns alle früher oder später selbst dazu entschieden. Für uns ist das kein Trend.
Was wir Veganer wohl empfinden, wenn wir tagtäglich um uns herum die Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber (übrigens nachweislich) fühlenden Lebewesen miterleben müssen…?
Da können Sie noch so oft auf Ihre "Wir haben es satt" Demo gehen. Wir haben euch schon lange satt.


Es ist leider nicht IHR Fleisch, worüber Sie reden, sondern das Fleisch wehrloser, sinnlos ermordeter Lebewesen. Es ist das Fleisch von Tierkindern, die leben, lieben, spielen, Spaß haben und glücklich sein wollten. Genau wie wir Menschen. Mit demselben Recht. Fleischesser geben sich zwar lebenslang allergrößte Mühe, die einzigartigen Persönlichkeiten, deren Leben sie zum eigenen Vergnügen auslöschen lassen, als eine x-beliebige Ware ohne moralischen Wert zu betrachten, die man kaufen, besitzen, essen oder auch einfach wegwerfen kann. Beispielsweise verdinglichen sie die Kälber, Rinder und Schweine, deren Hinrichtung sie beauftragen, indem sie diese lieber Wiener Schnitzel, Steak oder Kotelett nennen. Auf diese Weise dissoziieren sie sich von der Tatsache, dass es jemand und nicht etwas ist, was sie da gedankenlos in sich hineinstopfen. Doch die Fakten verschwinden nicht dadurch aus der Welt, dass man sie leugnet. Bei jeder Begegnung mit Veganern holt sie ihr Selbstbetrug fast zwangsläufig ein – selbst dann, wenn der Veganer das Thema gar nicht kommentiert.
(Würde ein Fleischesser tatsächlich SEIN Fleisch essen, indem er sich z.B. sein amputiertes Raucherbein nach der OP einpacken lässt, um damit beim nächsten Grillevent für kulinarische Furore im Freundeskreis zu sorgen, so hätte seine Forderung nach Toleranz deutlich bessere Chancen, bei Veganern Gehör zu finden.)

Ich versuche mit Liebe zu leben und ich bin ein Teil der Natur und versuche meiner Welt nicht zu schaden.

Ich belüge mich nicht selbst, ich verzichte lieber!

 

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite