Samstag, 19. Juni 2010

Ein paar Gedanken

An der CJD Christopherusschule in Frechen lernen aktuell über 800 Schülerinnen und Schüler mit Lernbehinderungen und Entwicklungsstörungen. Die Anzahl ist in den letzten Jahren stark gewachsen, deshalb platzt die Schule aus allen Nähten. (Zitat www.die-chancengeber.de)

Ein gutes Projekt, keine Frage, grundsätzlich aber werde ich doch recht nachdenklich, wenn ich mir vorstelle, dass diese Kinder und Jugendlichen eben doch "aussortiert" werden, dass diese Förderung Aufgabe der Normalschulen sein sollte und dass die Spenden, die hier für eine einzige Schule, ein einziges Projekt und für im Verhältnis doch sehr wenige Schüler zusammenkommen lieber für eine strukturelle Veränderung an den Schulen genutzt werden sollte.

Ist es denn tatsächlich so undenkbar, zusätzliche Lehrkräfte einzustellen, um Lücken und Defizite aufzufangen? Genügend arbeitslose Lehrer, Erzieher, Sozialarbeiter u.ä. gibt es. Entzieht sich der Staat nicht ganz elegant seinem Bildungsauftrag, wenn er nur "Standardbildung für Standardschüler" anbietet und die Problemfälle den gemeinnützigen Organisationen und professionellen Spendensammlern überlässt? Wenn man sich mal überlegt, was für unterschiedliche Einschränkungen und Behinderungen es gibt, scheint doch eher der "Normalschüler" die Minderheit zu sein, d.h. es ist völlig normal, dass in einer Klasse von 30 Schülern vermutlich 27 (das entspricht 90 %) irgendwo ihre Schwierigkeiten haben: Lese- und Rechtschreibschwäche, Rechenschwierigkeiten, ADHS, Borderline, Autismus, Migrationshintergrund, Probleme in der Familie, fehlende soziale Kompetenz, Defizite in der Feinmotorik, Bewegungseinschränkungen, Entwicklungsverzögerung, etc. etc. ich könnte sicher noch etliches mehr aufzählen, was den Kindern und Jugendlichen heutzutage alles angelastet wird und was letztlich nur zeigt, wie unterschiedlich Menschen und ihre Entwicklungen sind.

Wer kann von sich denn sagen, dass er die "Standardentwicklung Homo sapiens" durchlaufen und nicht an der ein oder anderen Stelle ins Straucheln geraten ist, einfach etwas länger gebraucht hat oder vielleicht immer noch "nachlernen" muss? Ist es dementsprechend nicht unsere Pflicht, die jungen Menschen in ihrem ganz normalen Umfeld zu unterstützen und ihre besonderen Fähigkeiten und Begabungen zu fördern? Und auch innerhalb des Klassenverbandes Fähigkeiten wie Hilfsbereitschaft, gegenseitige Unterstützung und Ermutigung, Verantwortungsübernahme und Schülerpatenschaften in den Lehrplan aufzunehmen?

Ich wünsche mir, dass jeder Mensch einen Platz "in der Mitte" haben darf, dazugehört und sich wertvoll und angenommen fühlt.

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