Donnerstag, 9. Dezember 2010

Nachtgedanken

Torffirmen sind an früheren Moorflächen interessiert, die sie z.B. für Blumenerde abtorfen können. Viele ältere Landwirte ohne Nachfolger sind daran interessiert, ihre Flächen möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Ich kenne nicht die genauen Zahlen, aber größenordnungsmäßig bekommen sie von ihren Nachbarn 3-4.000 €/ha und von den Torffirmen 10.000 €/ha. Im ersten Fall wird die Fläche weiterhin intensiv landwirtschaftlich genutzt, im zweiten Fall baut die Firma über 20-30 Jahre Torf ab, bis auf eine kleine Restschicht. Naturschützer folgen ihnen nach der Abtorfung, renaturieren die Fläche und machen daraus wieder ein Moor. Bekommt man da nicht einen Knoten ins Gehirn?

Baufirmen bauen z.B. ein Großprojekt wie eine Bundesstraße. Dabei werden zwangsläufig auch Flächen zerstört, die vorher der Natur zur freien Verfügung standen, sprich wo zahlreiche Wildtiere, Vögel und Pflanzen eine Heimat hatten. Nun sucht die Firma eine sog. Ausgleichsfläche, z.B. eine Wiese mit Bäumen und Hecken oder mit Streuobst. Diese Fläche wird mit der zerstörten verrechnet: "Ich zerstöre zwar hier Natur, aber da drüben ist eine genau gleich große Fläche Natur, die nicht zerstört wird". Wir könnten also die halbe Erde zerstören und alles ist noch ausgeglichen? Und das nennt man dann Naturschutz?

Wenn eine bisher landwirtschaftlich genutzte oder brachliegende Fläche wieder in ein Moor umgewandelt werden soll, wird sie geflutet. Tiere und Pflanzen, die bisher dort lebten erleben quasi eine Sintflut. Bäume sterben ab, Tiere müssen sich eine andere Heimat suchen. Wenn man Glück hat, siedeln sich irgendwannMoorpflanzen und Tiere, die in diesem sehr speziellen Lebensraum leben können an, vielleicht aber auch nicht. Mit der gleichen Sichtweise könnte man auch Holland fluten und "renaturieren". Demnach ist Renaturierung mindestens ein so großer Eingriff in die natürliche Entwicklung wie ein Bauprojekt. Eigentlich kann die Natur Flächen leicht zurückerobern, wenn man ihr die Möglichkeit dazu lässt. Ist denn ein Moor tatsächlich wertvoller als z.B. brachliegende Feuchtwiesen? Und wer legt das fest?

Hätte ich die ersten 10-15 Jahre meines Berufslebens dazu benutzt, viel Geld zu verdienen, unabhängig davon, welche Umweltsünden mein Arbeitgeber mit seiner Produktions- oder Arbeitsweise begeht, könnte ich jetzt als großzügiger Naturschützer auftreten, weil ich genügend Geld angehäuft hätte. Weil ich jedoch schon seit meiner Jugend versuche, als umsichtiger Naturschützer zu leben, habe ich nicht genügend Geld anhäufen können. Ich kann auch keine Stiftung gründen. Kann man aber auf diese Art und Weise die in dieser Zeit begangenen Umweltsünden tatsächlich wiedergutmachen oder ist das auch so ein Taschenspielertrick wie mit den Ausgleichsflächen? "Erst Geld verdienen, dann Natur schützen", Können wir uns eine solche Prioritätenliste noch leisten?

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite