Samstag, 29. September 2018

ostewert ag - nicht diese Häme

Federn lassen und dennoch schweben - das ist das Geheimnis des Lebens. (Hilde Domin)

Was soll die Häme über den Insolvenzantrag der ostewert ag? Was sollen Sätze wie "die meisten Oberndorfer haben ausgeträumt"? Wieso diese Endgültigkeit, dieses düstere Bild von: Oberndorf hat es nicht geschafft?

Ein Pharmaunternehmen muss hunderte von Substanzen testen, um vielleicht eine handvoll zu finden, die als neue Medikamente infrage kommen, zahlreiche Menschen sind abgestürzt, bevor sich der Traum vom Fliegen erfüllte, Bücher oder Filme, die zum allgemeinen Kulturgut gehören, hätten nie das Licht der Welt erblickt, wenn ihre Autoren und Produzenten nach den ersten Misserfolgen bereits das Handtuch geschmissen hätten.

Wir sind Goldgräber und dazu gehört Geduld und Ausdauer und das Wissen um die Langwierigkeit des Prozesses. Dörfer, die über Jahrzehnte hinweg heruntergewirtschaftet und abgehängt wurden, lassen sich kaum in ein paar Jahren wieder zur Blüte bringen.

Das Insolvenzverfahren der ostewert ag ist ein Tiefschlag, zugegeben, das stecken weder Mitarbeiter noch Aktionäre so ohne weiteres weg, die Stimmung ist am Boden, Sprachlosigkeit, Enttäuschung, Frust, Depression, Resignation. Wie soll es jetzt weitergehen, kann es weitergehen, ja muss es nicht geradezu weitergehen?

Wir kennen das doch bereits: die Schulschließung, obwohl soviel an Energie, Ideenreichtum, Zeit und Engagement in den Protest und den Erhalt gesteckt wurde. Auch da sah es nach Niederlage und Verlust aus und jetzt? Was keiner geglaubt hat ist inzwischen Realität, Oberndorf hat wieder eine Schule, Familien ziehen hierher, bringen neue Kraft und Energie mit, es geht weiter.
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Auch wenn wir uns das vielleicht gerade nicht vorstellen können, vielleicht aber doch? Es wird weitergehen, die ostewert ag ist ein Projekt unter vielen, eins, das im Moment noch nicht einmal endgültig gescheitert ist. Und viele andere Projekte zeigen doch ganz klar, dass Oberndorf auf dem richtigen Weg ist:

Genossenschaft: die oberndorfer eg - die "Mutter aller Dorferneuerungsprojekte" - erwirtschaftet solide Gewinne und unterstützt damit weitere Projekte.

Museum: die ehemalige Heimatstube hat ein völlig neues Konzept bekommen, die Eröffnung fand vor kurzem statt.

Hallo Nachbar: das Nachbarschaftstreffen läuft bereits im 4. Jahr und wird von Menschen aus nah und fern gerne besucht.

Und das sind nur drei Schlaglichter, die dieser kleine Ort zu bieten und mit viel Eigeninitiative auf die Beine gestellt hat.

Strukturen schaffen, das war der Ausgangspunkt unseres Weges, als wir uns 2010 im Rahmen der Dorferneuerung an die Arbeit gemacht haben. Wir haben feste Orte, wo Bürger zusammenkommen und Ideen und Projekte austauschen und gemeinsam planen können wie die Schule, die Kombüse oder den Ostekieker und das Forum als festen Zeitpunkt 1x im Monat, der dafür sorgt, dass es weitergeht, dass neue Leute dazustoßen und frischen Wind und unverbrauchte Kraft mitbringen.

Naturlich machen wir weiter - Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.